Es war einmal ein König, der hatte einen Krieg geführt, und
weil seine Soldaten sehr tapfer gewesen waren, hatte er ihn endlich, nach
vielen blutigen Schlachten, auch gewonnen. Das heißt: Was er wirklich gewonnen
hatte, das waren drei Dörfer. Einst waren das ansehnliche, wohlhabende
Gemeinden gewesen, mit schönen Länderein; jetzt allerdings waren die Häuser
zerschossen und eingestürzt, so dass weder ein Mensch noch auch ein einziges
Tier dort mehr leben konnte; die Felder waren verwüstet und die prachtvollen
alten Wälder zu Asche verbrannt.
Lieber König, wir haben ein paar Tausend Verwundete, denen
Arme, Beine, Augen oder Lungen kaputtgeschossen worden sind, die sitzen oder
liegen nun alle zu Hause herum, können ihren Lebensunterhalt nicht mehr
bestreiten und müssen auf Staatskosten ernährt werden. Ferner haben wir ein
paar Tausend Frauen, denen sind ihre Männer oder Söhne totgeschossen worden:
Die brauchen ebenfalls Unterstützung. Außerdem sind auch von unseren Dörfern
und Städten verschiedene zerstört worden, und man benötigt dringend Geld für
den Wiederaufbau. Endlich ist da auch noch eine beträchtliche Masse früherer
Soldaten, die jetzt keine mehr sein wollen, können oder dürfen. Weil sie aber nie
etwas vernünftiges gelernt haben, so muss nun auch für die gesorgt werden.
Weiterhin...
Halt ein! Rief der König, ich will nichts mehr davon hören!
Ich raufe mir schon ohnehin Tag und Nacht die Haare, weil ich nicht mehr aus
noch ein weiß. Meine Feinde und sogar meine Freunde verspotten mich bereits und
sagen: Im Kriege hat er nur den Verstand verloren, aber nach dem Kriege
verliert er obendrein seine Ehre. Schweig also! Pack dich! Und lass dich nicht
mehr blicken, wenn du nichts anderes vorzubringen hast als unerfüllbare
Forderungen.
Der Feldherr ging. Der König blies die Kerzen aus und
versank in seinen trüben Gedanken.
Mein lieber König, ich muss leider darauf hinweisen, dass
während des Krieges ein großer Teil unserer Kirchen beschädigt oder gar zerstört
wurde. Auch hat man Reliquien, Altarbilder und Schnitzerein gestohlen oder
verdorben, Turmglocken mutwillig zerschossen, Haushälterinnen geschändet und
geheiligten Wein aus den Kellern gestohlen. Für all das verlangen wir Ersatz
und Entschädigungen. Denn wir haben zwar eure Waffen gesegnet ( wofür die
Rechnungen übrigens auch noch nicht beglichen sind), aber den Krieg angezettelt
hast du.
Zu dem Kirchenfürsten wurde der König nicht gar si grob wie
zu seinem Feldherrn, aber hinauskonplimentieren ließ er ihn auch. Als danach
noch der Oberförster kam, weil fast alle Hirsche und Rehe totgeschossen, der
Obermetzger und der Oberkürschner, weil die Leute aus Not ihre Rinder und Kühe
abgestochen, so dass es kein Fleisch und kein Leder mehr gab, der
Oberschneider, weil die Flachsernte vernichtet war, so dass weder gesponnen
noch gewebt werden konnte, der Oberste Oberlehrer, weil die Leute nicht mehr
denken konnten, ...
Da war es der König endgültig satt, und er ließ im Lande
ausrufen:
Wer Schlecht` und
Schlimmes noch berichtet,
wird augenblicklich
hingerichtet.
Willkommen ist zu
jeder Stunde
Nur der mit einer
guten Kunde.
(Manche Ausrufer riefen stattdessen: Nur der mit einem
Honigmunde)
Da ging keiner mehr ins Schloss, oder wenn er schon ging, so
redete er nichts. Denn allen war ihr Leben so lieb, wie es dir und mir auch
ist.
Also wurden die Armen ärmer, die Kranken kränker, die
Verzweifelten nahmen sich das Leben, die die Wahrheit wussten, behielten sie
für sich – und der König versank in Schwermut und schlug dreimal täglich mit
dem Kopf gegen die Wand.
Forstsetzung folgt morgen!
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